„Doch warum sollte nicht jeder einzelne aus seinem Leben ein Kunstwerk machen können? Warum sollte diese Lampe oder dieses Haus ein Kunstgegenstand sein und mein Leben nicht?“
Michel Foucault im Gespräch, in: Von der Freundschaft
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit einer Psychotherapie zu beginnen? Im Altgriechischen steht der Begriff Kairos für die Gunst der Stunde, für den entscheidenden Augenblick, in dem sich ein Fenster für Veränderungen öffnet.
Schwierigkeiten mit uns selbst und mit der Welt können wir zumeist mit eigenen Kräften beziehungsweise mit der Hilfe von Partnern, Freundinnen oder Verwandten bewältigen. Manchmal aber kommen wir an einen Punkt, an dem wir deutlich spüren, dass unsere Ressourcen dafür nicht mehr ausreichen. Das kann als ein Moment der persönlichen Schwäche empfunden werden. Das können wir aber auch als Kairos wahrnehmen: Die Einsicht in die eigene Überforderung enthält die Chance, sie als Aufruf zu verstehen, etwas zu unternehmen. Dann ist es möglicherweise der richtige Zeitpunkt, um professionelle psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Psychotherapie ist allerdings nicht nur ein Heilverfahren und jenen vorbehalten, die leiden. Sie bietet sich zudem als Reise der Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung an.
Es gibt im Leben zwei Dyaden (Zweierbeziehungen), in denen wir besonders glückliche, aber auch besonders schmerzliche Erfahrungen möglich sind. Das ist die Eltern-Kind-Beziehung, und das ist die partnerschaftliche Beziehung. Paartherapie oder –beratung kann helfen zum Ausdruck zu bringen, was fehlt oder zu viel ist. Sie kann wieder den Blick auf vergessene und verschüttete Ressourcen im gemeinsamen Beziehungsraum öffnen. Eine ungünstige Voraussetzung für das Gelingen von Paartherapie ist allerdings die Überzeugung, nur die jeweils Andere oder der Andere müsste etwas verändern, damit sich die Beziehungsgestaltung verbessert.
Wie in der Psychotherapie so ist auch im Coaching und in der Supervision das persönliche Verhältnis zwischen dem Berater und den Klient*innen wichtig. Einzelpersonen und Teams werden in der Gestaltung ihrer beruflichen Aufgaben – unter anderem auch mit Techniken aus der Psychotherapie - unterstützt und begleitet. Ein wesentlicher Zugang ist es dabei, sich selbst in der Beziehung zu Aufgaben, Sachthemen, Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen, Klient*innen und Patient*innen besser verstehen zu lernen und weiter zu entwickeln. Für die Arbeit in Institutionen gilt es zudem, unterschiedliche Perspektiven auf die Strukturen und Dynamiken des organisatorischen Umfelds zu erproben, die das eigene Tun mitbestimmen.
Mag. Dr. Fritz Betz, MSc
Psychotherapeut, Soziologe
Lehrtherapeut für Integrative Therapie
Trotziges, ergriffenes, strafendes, schamhaftes, einvernehmliches, hilfloses, inniges ... Schweigen. Schweigen kann vieles bedeuten. Bisweilen ist es schwer verständlich. Manchmal ist es hilfreich, manchmal schädlich.
Die Beiträge in diesem Buch spannen einen Bogen von der Bedeutung von Sprechpausen über die Macht von Schweigen und Stille in verschiedenen Lebenszusammenhängen bis hin zu einer differenzierten Betrachtung von Verschwiegenheit. Neben vielen alltäglichen Aspekten wird ein Schwerpunkt auf Beratung und Psychotherapie als Orten von „Inszenierungen“ des Schweigens gelegt.
In diesem Buch ergänzen sich Beobachtungen des Beiläufigen, gesellschaftspolitische Perspektiven, wissenschaftliche Analyse und praktische Anregungen für Beruf und Alltag. Die Autoren plädieren dafür, Schweigen nicht als bloße „Leerstelle“ und Begrenzung des Redens abzutun, sondern als ausdrucksstarke Möglichkeit des Leibes wahrzunehmen.
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